Fluoreszenzlöschung

Die Fluoreszenz einer Verbindung kann durch eine Reihe von Vorgängen gelöscht – d.h. verringert oder ganz ausgeschaltet – werden, ohne dass der Fluorophor dabei dauerhaft zerstört wird. Der Effekt der Fluoreszenzlöschung (engl. fluorescence quenching) bewirkt also eine Abnahme der Intensität der Fluoreszenz. Sobald der Quencher wieder entfernt oder der löschende Mechanismus „abgeschaltet“ wird, tritt die ursprüngliche Fluoreszenzintensität wieder hervor.

Entweder führt der löschende Effekt dazu, dass der elektronisch angeregte Zustand des fluoreszierenden Moleküls wieder strahlungslos in den Grundzustand übergeht oder aber es wird schon die eigentliche Anregung in einen fluoreszenzfähigen Zustand verhindert.

In der Praxis nutzt man die Fluoreszenzlöschung bei vielen Anwendungen aus, da dies ein leicht zu beobachtendes oder zu messendes Phänomen ist. Es bietet sich damit als ein Indikator für auf molekularer Ebene stattfindender Prozesse an. Die An- oder Abwesenheit eines Analyten bewirkt z.B. eine Abstandsveränderung zwischen Fluorophor und Quencher und damit einhergehend eine Veränderung der Fluoreszenz. Neben der Fluoreszenzintensität kann manchmal auch die Lebensdauer als Messgröße für diese Veränderung herangezogen werden.

 
Molecular Beacon
Bekannte Bespiele hierfür liefert z.B. die so genannte „Genepin“-, „Hairpin“- oder „Molecular Beacon“-Technik. Bei diesen „Smart Probes“ befinden sich z.B. ein Fluoreszenzfarbstoff und ein Fluoreszenzquencher an den gegenüberliegenden Enden eines DNA-Einzelstrangs. Durch mehrere komplementäre Basen an den Endstücken findet dort eine Hybridisierung statt, d.h. es entsteht ein partieller DNA-Doppelstrang. Somit bildet das Mittelstück der DNA quasi eine Schleife: das entstehende Gebilde ähnelt einer Haarnadel (engl. hairpin). Die Fluoreszenz des Markers ist nun durch die räumliche Nähe des Quenchers z.B. durch den FRET-Mechanismus gelöscht. Wird jetzt ein DNA-Strang zur Lösung gegeben, der komplementär zur Basensequenz des ersten Stangs ist, hybridisieren diese beiden Stänge durch eine stärkere Wechselwirkung aller Basen. Farbstoff und Quencher werden räumlich getrennt, wodurch die Fluoreszenz wieder auftritt. Man kann nach diesem Prinzip viele verschiedenartige Experimente konzipieren und so Rückschlüsse auf molekulare Abläufe ziehen.
Neben dem Einsatz eines Farbstoff-Quencher-Paars können hierfür auch zwei fluoreszierende Farbstoffe verwendet werden, deren Fluoreszenz sich – wie unter dem Punkt Förster-Resonanzenergietransfer beschrieben – verhält.



Literatur:
Y. Cheng, T. Stakenborg, P. van Dorpe, L. Lagae, M. Wang, H. Chen, G. Borghs, Fluorescence Near Gold Nanoparticles for DNA Sensing, Analytical Chemistry 83, 1307 (2011). → ATTO 550
A. Gianetti, S. Tombelli, Intracellular delivery of molecular beacons by PMMA nanoparticles and carbon nanotubes for mRNA sensing, Proceedings of SPIE - The International Society for Optical Engineering 8596, 85960 (2013). → ATTO 647N
R. Tsukanov, T. Tomov, Y. Berger, M. Liber, E. Nir, Conformational Dynamics of DNA Hairpins at Millisecond Resolution Obtained from Analysis of Single-Molecule FRET Histograms, The Journal of Physical Chemistry B 117, 16105 (2013). → ATTO 550, ATTO 647N
A. Hartmann, G. Krainer, M. Schlierf, Different Fluorophore Labeling Strategies and Designs Affect Millisecond Kinetics of DNA Hairpins, Molecules 19, 13735 (2014). → ATTO 532, ATTO 647N
S. Ebrahimi, Y. Akhlaghi, M. Kompany-Zareh, Å. Rinnan, Nucleic Acid Based Fluorescent Nanothermometers, ACS Nano 8, 10372 (2014). → ATTO 425
V. Weiss, C. Bliem, I. Gösler, S. Fedosyuk, M. Kratzmeier, D. Blaas, G. Allmaier, In vitro RNA release from a human rhinovirus monitored by means of a molecular beacon and chip electrophoresis, Analytical and Bioanalytical Chemistry, 1 (2016). → ATTO 488, ATTO 495, ATTO 633
S. Ochmann, C. Vietz, K. Trofymchuk, G. Acuna, B. Lalkens, P. Tinnefeld, Optical Nanoantenna for Single Molecule-Based Detection of Zika Virus Nucleic Acids without Molecular Multiplication, Analytical chemistry 89, 13000 (2017). → ATTO 542, ATTO 647N
L. Zhang, A. Bluhm, K.-J. Chen, N. Larkey, S. Burrows, Performance of nano-assembly logic gates with a DNA multi-hairpin motif, Nanoscale 9, 1709 (2017). → ATTO 633


Polymerasekettenreaktion
Daneben werden ähnliche Verfahren bei der Anwendung der Polymerase-Kettenreaktion (PCR, polymerase chain reaction) zur Vervielfältigung von DNA eingesetzt. Hierdurch kann der Fortschritt bzw. das Ende der Reaktion angezeigt werden.

Literatur:
K. Stöhr, B. Hafner, O. Nolte, J. Wolfrum, M. Sauer, D.‐P. Herten, Species-specific identification of mycobacterial 16S rRNA PCR amplicons using smart probes, Analytical Chemistry 77, 7195 (2005). → ATTO 655
L. Alberti, S. Renaud, L. Losi, S. Leyvraz, J. Benhattar, G. Saretzki, High Expression of hTERT and Stemness Genes in BORIS/CTCFL Positive Cells Isolated from Embryonic Cancer Cells, PLOS ONE 9, e109921 (2014). → ATTO 647
Z. Fidan, A. Wende, U. Resch-Genger, Visible and red emissive molecular beacons for optical temperature measurements and quality control in diagnostic assays utilizing temperature-dependent amplification reactions, Analytical and Bioanalytical Chemistry 409, 1519 (2017). → ATTO 647N


Es gibt mehrere Phänomene, die zu einer Fluoreszenzlöschung führen. Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten, die aber in der Realität oft als Mischform auftreten können:

Dynamisches Quenching
Hierbei wird durch den Zusammenstoß des angeregten Fluorophors mit einem Quenchermolekül die Energie auf dieses übertragen und letztendlich in Wärme umgewandelt. Man bezeichnet diese diffusionsbestimmte Art als „Stoßlöschung“. Die dynamische Fluoreszenzlöschung wird durch die „Stern-Vollmer-Gleichung“ beschrieben.


Statisches Quenching
Hierbei bilden Fluorophor und Quencher einen „festen“ Komplex, wodurch die Konzentration fluoreszenzfähiger Moleküle dauerhaft verringert wird.

 
Konzentrationslöschung
Ein scheinbar triviales Phänomen ist die so genannte Konzentrationslöschung, d.h. die Löschung der Fluoreszenz gleichartiger Moleküle in einer konzentrierten Lösung. Allerdings sind die dabei beobachteten experimentellen Befunde uneinheitlich und sogar widersprüchlich, je nachdem welche Bedingungen vorliegen.

Wir wollen uns im Wesentlichen auf den Fall von organischen Farbstoffen, wie etwa Rhodamine, in wässriger Lösung beschränken. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um eine statische Assoziation von mehreren Farbstoffmolekülen, deren Elektronenhüllen miteinander wechselwirken. Dadurch wird das Absorptionsspektrum verändert und die Fluoreszenz gelöscht. Genauer wird hierauf im Abschnitt „Farbstoff-Aggragation“ eingegangen.
 

Elektronentransfer
Ein direkter Kontakt des angeregten Moleküls mit dem Quencher ist z.B. auch bei der Löschung durch Elektronentransfer – d.h. der Übertragung eines Elektrons vom Donor zum Akzeptor – nötig. Die Fluoreszenz der Oxazin-Farbstoffe ATTO 655, ATTO 680 und ATTO 700 wird auf diese Weise sehr effektiv durch Guanosin, Tryptophan und ähnliche Verbindungen gelöscht.

Literatur:
N. Marmé, J.-P. Knemeyer, M. Sauer, J. Wolfrum, Inter- and intramolecular fluorescence quenching of organic dyes by tryptophan, Bioconjugate Chemistry 14, 1133 (2003). → ATTO 590, ATTO 655, ATTO 680
S. Doose, H. Neuweiler, M. Sauer, A close look at fluorescence quenching of organic dyes by tryptophan, ChemPhysChem : a European journal of chemical physics and physical chemistry 6, 2277 (2005). → ATTO 655
R. Zhu, X. Li, X. Zhao, A. Yu, Photophysical Properties of Atto655
Dye in the Presence of Guanosine and Tryptophan in Aqueous Solution
, The Journal of Physical Chemistry B 115, 5001 (2011). → ATTO 655
Q. Sun, R. Lu, A. Yu, Structural Heterogeneity in the Collision Complex between Organic Dyes and Tryptophan in Aqueous Solution, The Journal of Physical Chemistry B 116, 660 (2012). → ATTO 655
Y. Zhang, S. Yuan, R. Lu, A. Yu, Ultrafast Fluorescence Quenching Dynamics of Atto655 in the Presence of N -Acetyltyrosine and N -Acetyltryptophan in Aqueous Solution, The Journal of Physical Chemistry B 117, 7308 (2013). → ATTO 655
S. Nanguneri, B. Flottmann, F. Herrmannsdörfer, K. Thomas, M. Heilemann, Single-molecule super-resolution imaging by tryptophan-quenching-induced photoswitching of phalloidin-fluorophore conjugates, Microscopy Research and Technique 77, 510 (2014). → ATTO 488
A. Sharma, J. Enderlein, M. Kumbhakar, Photon Antibunching Reveals Static and Dynamic Quenching Interaction of Tryptophan with Atto-655, The journal of physical chemistry letters 8, 5821 (2017). → ATTO 655


Resonanz-Energie-Transfer
Beim so genannten Förster-Resonanz-Energie-Transfer (FRET) wird die Energie eines angeregten Donors strahlungslos auf einen in der Nähe befindlichen Akzeptor übertragen. Hierdurch verringert sich die Fluoreszenz des Donors. Falls der Akzeptor fluoreszenzfähig ist, kann dessen Fluoreszenz stattdessen in Erscheinung treten, so als wäre er direkt angeregt worden. Wenn der Akzeptor selber nicht fluoresziert, übernimmt er nur die Energie des Donors und wirkt daher als Fluoreszenzlöscher oder Quencherfarbstoff.
 

ATTO-Quencher
Unsere speziell entwickelten Quencher ATTO 540Q, ATTO 575Q, ATTO 580Q und ATTO 612Q funktionieren ausschließlich über den FRET-Mechanismus, d.h. ohne eine Überlappung des Emissionsspektrums des Fluorophors mit dem Absorptionsspektrum des betreffenden Quenchers findet keine Fluoreszenzlöschung statt.
 
Literatur:
D. Betbeder, E. Lipka, M. Howsam, R. Carpentier, Evolution of availability of curcumin inside poly-lactic-co-glycolic acid nanoparticles: impact on antioxidant and antinitrosant properties, International journal of nanomedicine 10, 5355 (2015). → ATTO 540Q
R. Chulluncuy, C. Espiche, J. Nakamoto, A. Fabbretti, P. Milón, Conformational Response of 30S-bound IF3 to A-Site Binders Streptomycin and Kanamycin, Antibiotics 5, 38 (2016). → ATTO 540Q
T. Kokko, L. Kokko, T. Soukka, T. Lövgren, Homogeneous non-competitive bioaffinity assay base on fluorescence resonance energy transfer, Anal. Chim. Acta 585, 120 (2007). → ATTO 612Q